„Begegnung“, so steht es in der Einleitung des Schutzkonzeptes für den Ev.-luth. Kirchenkreis Celle, „ist zentral für die kirchliche Arbeit in den Gemeinden und Einrichtungen. Damit Menschen sich in kirchlichen Kontexten angstfrei begegnen können, sind die Wahrung von Grenzen und der Schutz vor sexualisierter Gewalt zentral.“
Steuerungsgruppe erarbeitet Konzept
Grenzüberschreitungen wahrnehmen und angemessen auf sie reagieren, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zusätzlichen Schutz bieten, vertrauensvolle Begegnungen ermöglichen, Anschuldigungen und Verdachtsmomenten unverzüglich und konsequent nachgehen – darum geht es im Kern des Schutzkonzeptes, das im April 2024 von der Kirchenkreissynode verabschiedet wurde.
Damit ist der Kirchenkreis der Vorgabe der Ev.-luth. Landeskirche Hannover gerecht geworden, die die Erstellung eines entsprechenden Schutzkonzeptes bis Ende des Jahres 2024 vorgegeben hatte. An der Steuerungsgruppe im Kirchenkreis Celle beteiligt waren: Superintendentin Dr. Andrea Burgk-Lempart, die Leiterin des Evangelischen Beratungszentrums Celle (EBZ) Nicole Eggert, Pastor Titus Eichler, die Vorsitzende der Mitarbeitervertretung (MAV) Angela Große-Siems, Diakonie-Geschäftsführerin Heike Lührs, Kirchenkreisjugendwartin Susanne Mauk, der Leiter der Ev. Familien-Bildungsstätte (FABI) Henning Schlüse, Diakon Sebastian Schulze, sowie Martina Zinn (Pädagogische Geschäftsführung Fachbereich Kindertagesstätten). Die Leitung der Steuerungsgruppe hatte die scheidende Fundraiserin Nina Hollung inne.
Respektvolle und achtsame Haltung
„Unsere Arbeit lebt weiterhin von analogen Begegnungen“, sagt Superintendentin Andrea Burgk-Lempart, „durch das möglicherweise bestehende Machtgefälle zwischen Pastor bzw. Pastorin und Seelsorgesuchendem müssen wir ganz besonders auf einen grenzwahrenden Umgang achten.“ Es gehe nicht nur darum, klare Handlungsvorgaben zu machen, sondern vor allem weiter an einer respektvollen achtsamen Haltung zu arbeiten. Dafür ist die Fähigkeit zur Selbstreflexion entscheidend. Zur Verhinderung sexualisierter Gewalt ist außerdem die Etablierung einer angemessene Beschwerdekultur zentral. Damit grenzverletzendes Verhalten geahndet werden kann, muss es benannt werden.
Diakon Sebastian Schulze von der Kirchengemeinde Westercelle hat bei der Arbeit am Schutzkonzept festgestellt, „dass wir alle unsere eigenen Erfahrungen und erlernten Denkmuster überprüfen müssen. Vor allem im direkten Umgang mit Kindern und Jugendlichen ist dabei eine neue Sensibilisierung entscheidend“. Sein Kollege Titus Eichler, Pastor in der Kirchengemeinde Groß Hehlen, ergänzt: „Entscheidend ist der Empfänger einer Nachricht, ob non-verbal oder verbal. Wir müssen uns ständig die Frage stellen: Was passiert, wenn ich was wem sage?“ Superintendentin Andrea Burgk-Lempart sieht die evangelische Kirche nicht zuletzt nach den Veröffentlichungen der Ergebnisse im Rahmen der ForuM-Studie (Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland) in der Pflicht: „Früher wurde zu oft geschwiegen und wenn Betroffene sexualisierter Gewalt sich gemeldet haben, wurde dem oft nicht ernsthaft genug nachgegangen. Das Schutzkonzept macht das Thema sexualisierte Gewalt sichtbar und senkt damit hoffentlich die Hemmschwelle, grenzverletzendes Verhalten anzuzeigen.
Verhaltenskodex, Schulungen zur Prävention
Das Schutzkonzept bietet neben klar formulierten Prinzipien zum Schutz vor sexualisierter Gewalt auch einen Verhaltenskodex. Es gibt außerdem Informationen zu den Voraussetzungen für Mitarbeitende und zu Schulungen zur Prävention sexualisierter Gewalt. „Die Grundschulungen sind verpflichtend für alle, die mit Kindern und Jugendlichen oder Menschen in anderen Obhutsverhältnissen tätig sind, die eine Leitungsfunktion haben oder in Seelsorge und Beratung tätig sind“, heißt es im Konzept.
Jede Gemeinde und Einrichtung im Kirchenkreis ist verpflichtet, eine Risikoanalyse für den eigenen Arbeitsbereich vorzunehmen. Das soll den Blick für kritische Bereiche sensibilisieren. Ein wichtiger Schritt zur Prävention ist, sich dem Thema zu stellen, es aus der Tabuzone zu holen und im Kirchenvorstand und anderen Gruppen zu besprechen.
Zudem hat der Ev.-luth. Kirchenkreis Celle ein Plakat entworfen, das allen Einrichtungen und Gemeinden zur Verfügung gestellt wird und neben klaren Handlungsanweisungen im Verdachtsfall auch den direkten Kontakt zu einer/einem Ansprechpartner*in zur Verfügung stellt. „Prävention schaffen, auf die Thematik aufmerksam machen, potenziellen Täter*innen den Boden entziehen“, fasst die Superintendentin die Bemühungen im Rahmen des Schutzkonzeptes zusammen.
Das komplette Schutzkonzept des Ev.-luth. Kirchenkreises Celle können Sie hier einsehen.