Orientierung
Immer öfter höre ich diesen Satz: So geht das nicht weiter. Seit mehr als eineinhalb Jahren beschäftigt uns nur noch die Pandemie. Inzidenzzahlen, 3 G Regeln oder 2 G, geimpft, genesen, getestet, Abstand halten, Lockdown, niemand weiß so ganz genau, wonach er sich wann richten muss, so geht das nicht weiter. Es gibt so Situationen, da darf es so nicht weitergehen. So geht es nicht weiter, sagt jemand, der schon lange arbeitslos ist. So geht das nicht mehr, sagen die Flüchtlinge in Jordanien und im Libanon. So können wir nicht mehr, klagen die Hungernden. Das muss ein Ende haben, rufen die Kriegsopfer. Ich halte das nicht mehr aus, murmelt die Ehefrau, wenn ihr Mann die Hand gegen sie erhebt, so geht es nicht mehr, denkt die Kranke, bei der sich keine Besserung einstellen will. In vielen Situationen kommen wir an eine Grenze. Der Horizont wird eng, Wir haben Angst.
Wer bist du wirklich?
So kann ich nicht mehr glauben, hat Martin Luther gedacht. Diesem Gott kann ich mein Vertrauen nicht schenken. Ich habe Angst vor ihm. Ruhelos auf der Suche nach Gott, getrieben von der Frage: Wer bist du wirklich?
Am 31. Oktober haben wir das Reformationsfest gefeiert. Reformieren bedeutet, etwas in seine ursprüngliche Form zurück zu bringen. Jesus Christus hat für Luther sichtbar gemacht, was dieses ursprüngliche ist: Gott fragt nach uns: Was soll ich für dich tun? Gott hört zu, was uns bewegt. Gott schenkt, auch wenn wir nicht weiter nach ihm fragen.
Auch heute fragen wir nach der Gerechtigkeit. Die Kinder fragen uns, nach ihren Zukunftschancen, die Armen und Hungernden nach Teilhabe. Die Grundlagen des Lebens sind ungleich verteilt und viele Menschen haben keine Chance auf Gerechtigkeit. So geht das nicht weiter! Das muss sich ändern!
Gerechtigkeit will das, was den anderen Menschen zum Leben hilft
Jesus hat sich für Gerechtigkeit eingesetzt. Er ist für Luther genau wie für uns heute Orientierungspunkt auf der Suche nach Antworten. Damals ging es um die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes und heute verbindet sich diese Suche ganz stark nach der Gerechtigkeit zwischen Menschen, dem Umgang mit der Schöpfung und der Achtung des geschenkten Lebens. Gerechtigkeit will das, was den anderen Menschen zum Leben hilft. Unter diesen Vorzeichen müssen wir handeln im Blick auf die Pandemie, den Krieg, den Hunger, die Gewalt und auf alles, was Menschen Angst macht.
Gemeinsame Orientierung bleibt: Einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. 1. Korinther 3, 11
Michael Thiel ist Direktor im Evangelisch lutherischen Missionswerk in Hermannsburg