Leben nach dem Tod?
Liebe Frau B.,
gut, dass Sie ungeschminkt Ihre Fragen stellen – auch die, ob die Erwartung eines Lebens nach dem Tod nicht schon deshalb unsinnig ist, weil das Jenseits irgendwann überbevölkert sein müsste bei all den Verstorbenen der Menschheitsgeschichte. Vielleicht, überlege ich, bewegt Sie dabei auch der Verdacht, der Glaube komme als eine Form von Realitätsverweigerung daher. Ich kann Sie aber beruhigen: „Staub bist du, und zum Staub kehrst du zurück“, stellt die Bibel nach der Sündenfallgeschichte ohne Wenn und Aber fest (1. Mose 3,19). Und im Alten Testament muss man sehr lange lesen, um auf die ersten Spuren von Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod zu stoßen. Doch, wir sind uns einig: Normal ist zuletzt der Tod. Sonst nichts. Auch für Christen.
Es ist sinnlos, sich etwas einzureden, was nicht erfahrbar ist
Aber woher denn dann der christliche Glaube an die Auferstehung, fragen Sie mit Recht. Und wie man das als Christin eigentlich hinbekomme: An die Auferstehung von den Toten zu glauben bzw. an ein ewiges Leben? Sie und ich, wir sind uns einig: Es ist sinnlos, sich etwas einzureden, was nicht erfahrbar ist. Deshalb zugespitzt: Glaube an die Auferstehung ist nur ein Folge-„produkt“ - aus dem, was erfahrbar ist. Erfahrbar ist der Glauben an den Auferstandenen, nicht an die Auferstehung. Erfahrbar ist, mal leichter, mal schwerer das Leben diesseits mit Jesus Christus. Am Anfang der Erwartung von Christen, vom Tod erweckt zu werden, stehen Erfahrungen damit, dass Glaube trägt. Dass Gebete erhört werden. Dass unerwartete Spuren der Liebe Gottes das Leben pflastern oder darin aufschimmern. Dass Krisen und Abgründe nicht ausblieben, aber Jesus in ihnen neu wichtig wurde und das Leben wieder durchkam.
Finden Sie es vermessen, davon auszugehen, dass wir Gott fehlen würden?
Verstehen Sie? Auch sonst sind doch gelebte Beziehungen, die trotz aller Zweifel und Enttäuschungen tragen, für uns die Quelle, aus der wir unsere Gewissheiten schöpfen für das hinter den Horizonten, die wir überblicken. Du wirst da sein, wenn ich dich brauche, sagt das Vertrauen. Weil ich erfahren habe, dass ich dir fehlen würde. – Finden Sie es vermessen, davon auszugehen, dass wir Gott fehlen würden? Bloß: Genau dafür steht Jesus. Gottes gelebte Ansage: Über unseren Tod hinaus würden wir ihm fehlen. Weil da eine Beziehung ist. Und die bleibt natürlich so lange … wie Gott. Also ewig.
Michael Wohlgemuth ist Pastor in der Kirchengemeinde Klein Hehlen