Mehr als drei Jahrzehnte war Susanne Mauk als Diakonin in der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit tätig, vierzehn Jahre davon als Kirchenkreisjugendwartin in Celle. Ein Gespräch über Glauben als Fundament und die Sehnsüchte junger Menschen.
Susanne Mauk, Sie waren mehr als 30 Jahre Diakonin mit Schwerpunkt Jugendarbeit. Gab es einen Moment in Ihrem Leben, wo Sie wussten: Diesen Beruf werde ich später mal ausüben?
Susanne Mauk: Als Konfirmandin war ich 1973 mit meiner Gruppe aus Wunstorf für drei Wochen in Südtirol, dort hatten wir eine so tolle Zeit zusammen, dass mir anschließend klar war: Du wirst mal Diakonin! Diese besondere christliche Gemeinschaft und dieser Austausch mit spannenden Mitmenschen, faszinierte mich sofort. Gleich nach meiner Konfirmation fing ich an, ehrenamtlich mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten: als Teamerin auf Freizeiten, im Kindergottesdienst, im Konfirmandenunterricht.
Wie sah Ihr beruflicher Werdegang aus?
Ich studierte Religionspädagogik an der evangelischen Fachhochschule Hannover und absolvierte mein Berufsanerkennungsjahr als Diakonin in Gifhorn. Bald musste bzw. durfte ich eine berufliche Pause einlegen und mich um meine beiden Kinder kümmern. Meinen Mann, der auch Diakon ist, hatte ich auf dem Konfirmandenferienseminar als Ehrenamtliche in Südtirol kennengelernt.
Wie ging es weiter?
Nach einer kurzen Elternpause habe ich mit einer halben Stelle die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in unserem Dorf ausgebaut. Zusätzlich arbeitete ich von 2008 bis 2010 im Landesjugendpfarramt. 2012 zogen wir nach Celle. Unser Büro war damals noch in einem Laden unter dem „Rio‘s“, viele die durch unsere Tür kamen, wollten eigentlich aufs Klo. (Lacht.) Mit der Zeit wussten die Leute aber, was wir eigentlich anzubieten hatten.
Wie haben Sie die Kirchenkreisjugendarbeit damals in Celle wahrgenommen?
Als ich anfing, war die Stelle ein Jahr lang vakant gewesen. Den Neuanfang habe ich als unheimlich kreativ in Erinnerung. Bei unserem ersten Jugendkonvent tauchten 40 junge Menschen auf, und ich staunte, wo die alle herkamen. Jede und jeder hatte Lust, die evangelische Jugend neu zu denken.
Und wie denkt man Jugendarbeit?
Kinder- und Jugendarbeit ist Beziehungsarbeit, es geht darum, die jungen Menschen mitzunehmen, sie gleichzeitig zu fördern und zu begleiten. Besonders die Digitalisierung und die Corona-Pandemie haben Jugendliche im vergangenen Jahrzehnt vor große Herausforderungen gestellt. Und trotzdem haben sich die wesentlichen Wünsche von Kindern und Jugendlichen nicht geändert, seit ich selbst jung war. Sie sehnen sich noch immer nach Gemeinschaft, dem Sinn des Lebens, Spiritualität, Solidarität und Kreativität. Nur die Welt um sie herum hat sich verändert. Ich fand es spannend, diese Wege mitzugehen. Nicht als diejenige, die den Weg vorgibt, sondern als Unterstützerin und Begleiterin.
Gleichzeitig hat evangelische Kirche als Institution an Bedeutung verloren, auch oder gerade bei jungen Menschen. Wie schätzen Sie das ein?
Die Konkurrenz ist auf jeden Fall größer geworden. Deshalb ist es schwieriger als früher, Jugendliche für die vielen Vorteile evangelischer Jugendarbeit zu begeistern. Sobald sie sich allerdings auf unsere Angebote wie die Freizeiten oder die Juleica (Jugendgruppenleiter*inausbildung) einlassen, ist diese Begeisterung sehr schnell geweckt. Die Bedeutung der Juleica ist nicht zu unterschätzen. Aus diesem Format ist im Laufe der Zeit ein Pool von Ehrenamtlichen entstanden, die sich dann ihrerseits um den Nachwuchs kümmern und gleichzeitig sehr viel für ihre Leben lernen.
Welche Aktionen sind Ihnen noch besonders in Erinnerung geblieben?
Die alle zwei Jahre stattfindenden Landesjugendcamps, die vielen unterschiedlichen Freizeiten und Seminare in ganz Europa, die Arbeit in den Konventen, die Vorstandsarbeit, die selbst dann nicht einschlief, als Corona alles erlahmen ließ. Außerdem die Konfitage, die Reformationstage, unser Format der Heiligen Nacht. All das verdichtete sich noch einmal bei meinem Abschiedsgottesdienst – das war wirklich wunderschön! So viele Generationen, die ich in den Jahren begleitet habe, hatten sich einen bunten und total kreativen Jugendgottesdienst ausgedacht. Ich war richtig geflasht.
Welche Rolle hat in Ihrer Arbeit der christliche Glauben gespielt?
Der war der Boden, das Fundament meines Tuns. Ich habe immer versucht, dass der Glauben in Form von Andachten oder spirituellen Begegnungen ganz selbstverständlich mit dabei war. Für mich persönlich ist mein Glauben der Halt, der mich immer getragen hat. Bis heute macht es mich stolz, wenn ich Fotos oder Videos von Jugendlichen sehe, die bei ihren Veranstaltungen und Freizeiten Gottesdienste gestalten und damit dieses Fundament verstärken.
Ihr Abschied ist jetzt schon wieder einige Wochen her. Wie schwer ist Ihnen das Ende dieser bewegten beruflichen Zeit gefallen?
Ich bin einerseits mit einem weinenden Auge gegangen – weil mir an diesem Ruhestand mal wieder deutlich wurde, wie schnell ich alt geworden bin. Anderseits lacht das andere Auge, denn erstens war die Zeit wunderschön und zweitens beginnt für mich jetzt ein neuer Lebensabschnitt, auf den ich mich sehr freue. Außerdem ist es gut und wichtig, dass jetzt eine andere Person meinen Job übernimmt. Die Nächte im Zeltlager auf dem harten Boden werde ich jedenfalls nicht vermissen. (Lacht.) Es wird Zeit, dass auch in der Evangelischen Jugend Celle ein neuer Wind weht.
Haben Sie keine Angst vor Langeweile?
Nein. Langweilig war mir nie und das wird auch so bleiben. Nicht nur wegen meines neuen großen Hobbys: meine beiden Enkelkinder in Hannover. Mein Mann und ich wollen reisen, der Camper ist schon gebucht. Und dann schaue ich mal, was auf mich zukommt.
Was wünschen Sie sich für Ihr berufliches Erbe?
Weiterhin Haupt- und Ehrenamtliche, die den Mut haben, mit Kindern und Jugendlichen Kirche zu gestalten und für ihr Engagement auch den nötigen Freiraum bekommen. Weil Jugendarbeit Beziehungsarbeit ist, müssen auch wir als Kirche die jungen Menschen dort abholen, wo sie zu Hause sind. Während meiner Arbeit habe ich mich auch intensiv mit dem Thema Kindeswohl und Jugendschutz befasst, dafür wünsche ich mir kontinuierliches Arbeiten und Dranbleiben der Verantwortlichen. Und vielleicht gelingt in diesem Zusammenhang ja mal das, was wir bereits angedacht hatten, was aber durch die Corona-Pandemie im Sande verlaufen ist: alle Verbände, Institutionen und Vereine zusammen an einen Tisch zu bringen, die sich der Jugendarbeit verschrieben haben. Nur gemeinsam sind wir stark.