Mit Religion als Werkzeug in der Seelsorge kennt sich Titus Eichler aus. Geboren und aufgewachsen in Karl-Marx-Stadt, später und heute Chemnitz, stolperte der junge Mann ziemlich orientierungslos durch seine Teenagerjahre Ende der Neunziger. In der Gothicszene versuchte Eichler Halt zu finden, doch stattdessen schwand immer mehr das Gefühl, das Leben genießen zu können. „In dieser für mich sehr schwierigen Zeit erinnerte ich mich an den ständig wiederholten Satz meines Pfarrers: ‚Beten hilft’“. Mit diesem Gedanken im Kopf habe er eines Tages angefangen zu beten – „und allmählich ging es mir tatsächlich besser. Ich spürte neue Energie, fand wieder Freude am Leben – und entdeckte so meinen Glauben.“
Mauerfall vorm alten Kofferfernsehen
Gut 20 Jahre später hat dieser Glaube Titus Eichler bis nach Groß Hehlen geführt. An der dortigen St. Cyriacus-Gemeinde, die auch Boye, Hustedt und Scheuen umfasst, wurde er am Wochenende als neuer Pastor eingeführt.
Hinter dem 1982 geborenen Eichler liegt bereits ein bewegtes Leben. Unvergessen, wie seine Mutter im November 1989 das alte schwarz-weiße Kofferfernsehen vor Aufregung anschrie, weil in Berlin die Mauer gefallen war. „Mein Stiefvater dachte zunächst, meine Mutter würde ihn veralbern. War aber bekanntlich nicht so.“ Eichler, der zwei Jahre zuvor getauft worden war, wurde später als einziger in seiner Klasse konfirmiert und wuchs mit dem Gefühl auf, sich für seine Zugehörigkeit zur Kirche rechtfertigen zu müssen. Erst die regelmäßigen Gebete gaben ihm das Vertrauen in die eigene Stärke zurück und gleichzeitig auch die Neugier, mehr über den Glauben zu erfahren. Eichler engagierte sich in der Jugendarbeit seiner Gemeinde, fuhr als Teamer mit auf Freizeiten und schrieb sich schließlich für Theologie und Geschichte ein – allerdings nicht in der Absicht, später als Pastor zu arbeiten. Das änderte sich erst, als er am Gustav-Adolf-Werk, dem Diasporawerk der Evangelischen Kirche, in Leipzig als Stipendiatenbetreuer für ausländische Studierende arbeitete. „Später durfte ich erste Predigten vor Ortsgruppen halten und stellte fest, wie viel Spaß mir diese Arbeit machte.“ Die logische Folge: ein 2008 begonnenes Pfarramtsstudium.
Drei Kinder und einen Hund
2010 zog es Eichler aus persönlichen Gründen erstmals nach Niedersachsen, über Hildesheim landete er in Göttingen, wo er seine heutige Frau kennenlernte. Inzwischen hat das Paar drei Kinder – und eine Hündin. Dass Familie Eichler jetzt in der St. Cyriacus-Gemeinde gelandet ist, hat auch damit zu tun, dass er neue Herausforderungen gesucht hat, nachdem er die ersten 5 Dienstjahre im Ev.-luth. Kirchengemeindeverband BeHaRoSch im Kirchenkreis Peine tätig war.
In Groß Hehlen freut sich Eichler nun vor allem auf die gemeinsame Arbeit mit den vor Ort agierenden Mitarbeiter*innen. „Kirchenarbeit ist für mich Teamwork“, sagt er, „wichtig ist mir, dass wir alle auf Augenhöhe miteinander agieren.“ Weil seine Schwerpunkte auch im Kirchenkreise Peine auf der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen lagen, sei er dabei besonders motiviert, gemeinsam mit Diakonin Susanne Feldgen Projekte anzustoßen. Die Konfirmand*innenarbeit liegt ihm dabei besonders am Herzen.
"Für mich ist Seelsorge fast mit das Wichtigste"
Ein zweites Steckenpferd ist für den neuen Pastor im Celler Kirchenkreis die Seelsorge. In Peine war er Beauftragter für Notfallseelsorge und Katastrophenschutz, eine Funktion, die in Celle Pastor Andreas Seelemeyer aus Garßen und Pastor Karsten Willemer aus der Paulusgemeinde innehaben. Eichler: „Für mich ist Seelsorge fast mit das Wichtigste als Christ. Da finde ich mich wieder, da weiß ich, warum ich diesen Beruf ergriffen habe.“ Einfach nur da sein, sagt der Neue von St. Cyriacus, könne schon so viel ausmachen.